FSME 1:10.000
… ist das Verhältnis von FSME-Erkrankten zu Zeckenstichen. Was Sie sonst noch über FSME wissen müssen und was es mit der Zehnerregel auf sich hat, im Folgenden.

Dr. Ullrich Heim
Der 1. Mai ist ein magisches Datum, eröffnet er doch die neue Jagdsaison auf Rehbock und Schmalreh. Wohl alle Jäger haben darauf gewartet! Und sie sind damit wieder häufiger in der Natur und damit draußen unterwegs. Aber nicht nur Jäger stehen in dieser Zeit „Gewehr bei Fuß“. Es warten auch viele Plagegeister, die den Grünröcken das Leben schwer machen können, allen voran der Holzbock (Ixodes ricinus), eine Schildzecke.
Krankheiten, die durch die kleinen Plagegeister übertragen werden, haben in jüngster Vergangenheit stark zugenommen. Vor allem das Infektionsrisiko für Frühsommer-Meningoencephalitis (FSME) ist enorm angestiegen. In den Jahren 2002 bis 2015 wurden insgesamt 3.626 FSME-Fälle an das Robert-Koch-Institut gemeldet (Stand 7. April 2015). Alleine 2014 mussten von 265 Erkrankten 222 stationär behandelt werden — 1 Patient starb sogar.
Waren es früher lediglich die südlichen Gebiete von Bayern und Baden-Württemberg, die ein hohes Infektionsrisiko aufwiesen, so ist dieses in den vergangenen Jahren auch im Norden stark gestiegen. Aktuell sind das gesamte Land Baden- Württemberg, fast ganz Bayern, Südhessen, Südthüringen und einige Kreise im Saarland, Rheinland-Pfalz und Sachsen sowie der Kreis Marburg-Biedenkopf als Risikogebiete definiert.
Die Zahl der Landkreise mit FSME-Erkrankungen verlagert sich weiter nordwärts. So traten seit 2002 bereits 150 FSME-Erkrankungen außerhalb von Risikogebieten auf.
Als Gründe kommen mehrere Faktoren in Frage. Milde Winter sowie große Populationen von Kleinsäugern und Wildtieren begünstigen die Ausbreitung der Hirnhautentzündung. Zecken sind eng an diese Populationsentwicklung gekoppelt. Hohe Wilddichten fördern die Ausbreitung der FSME, wie auch der Borreliose, der zweiten bedeutenden durch Zecken übertragbaren Krankheit.
Lebensweise
Zecken werden bereits bei einer Lufttemperatur von etwa 8 Grad aktiv und begeben sich auf die Suche nach einem Wirt. Bei kaltem sowie trockenem Wetter ziehen sie sich zurück. Die weiblichen Krabbler benötigen für ihre Entwicklung bis zur Geschlechtsreife mehrere Blutmahlzeiten. Sie positionieren sich an den Enden von Grashalmen oder anderswo im Unterwuchs und strecken ihre vorderen Fußpaare aus. An diesen befindet sich das Hallersche Organ, welches effektives System zur Erkennung von potenziellen Wirten ist, vereint es doch Sensoren für Erschütterung, Wärme wie auch Geruchsstoffe.
Wird eine Zecke abgestriffen, (sie lässt sich nicht von Bäumen fallen!), geht sie auf Suche nach einer geeigneten Hautregion. Bevorzugt werden dabei wenig verhornte Hautstellen. Beim Menschen sind das die Kniekehlen, Leistenbeuge, Genitalbereich, aber auch die Achselhöhlen, der Halsbereich oder Haaransatz. Die Krabbler saugen Blut, dicken es ein, befördern das Wasser wieder zurück in den Wirt und infizieren so den Menschen. Männliche Zecken sind dagegen harmlos: Sie saugen lediglich Pflanzensäfte und stellen so keine Gefahr dar.

Schutzmaßnahmen
Ein scharfes Messer ist im Revier das beste Werkzeug fürs Entfernen einer Zecke. Wenn der Körper abgeschärft ist, kann sie nicht mehr saugen und vor allem Wasser zurück in den menschlichen Körper befördern. Damit ist das Infektionsrisiko gebannt. Die verbleibenden Chitinreste des Stechapparates wachsen aus der Haut heraus. Ebenso sind Zeckenzangen, Pinzetten oder Zeckenkarten gut geeignete Werkzeuge fürs Entfernen.
Keinesfalls sollten Öl, Fett, Hautcreme, Nagellack oder Lösungsmittel benutzt werden, da durch den Sauerstoffmangel Zecken besonders viel infektiöses Material ausspeien und damit das Infektionsrisiko drastisch ansteigt!
Eine eng anliegende Bekleidung zusammen mit Repellent-Lösun gen, Creme oder Spray schützen zusätzlich. Mittlerweile gibt es bereits vorimprägnierte Bekleidung, die über einen längeren Zeitraum getragen werden kann.
Erkrankung/ Symptome
Es gilt für Zeckenstiche in etwa eine Zehner-Regel: Jede 10. Zecke ist infektiös. Davon überträgt aber nur jede Zehnte das Virus. Wiederum jeder 10. Mensch wird infiziert, aber nur jeder Zehnte davon erkrankt. Dies bedeutet, dass auf 10.000 Zeckenstiche eine FSME-Erkrankung zu erwarten ist. Bleibt die Zecke länger als 8-10 Stunden in der Haut, steigt das Infektionsrisiko jedoch deutlich an.
Erste Symptome sind oft völlig unscheinbar, ähneln sie doch oftmals einer Sommergrippe, mit Unwohlsein, Kopfschmerzen, Übelkeit manchmal auch Fieber. Häufig heilt die Erkrankung da nach aus, da das Immunsystem des Menschen eingreift. Wenn die Infektion sich jedoch im zentralen Nervensystem festsetzt, kommt es zu einer schweren Erkrankung. Dann muss der Patient im Krankenhaus behandelt werden. Oft bleiben auch nach erfolgreicher Behandlung Restschäden im ZNS. Bis 2 Prozent der Infektionen verlaufen tödlich.
Die Diagnose einer FSME-Erkrankung kann über spezielle Blutuntersuchungen abgesichert werden. Eine gezielte Therapie gegen die Hirnhautentzündung gibt es bislang nicht. Es werden also lediglich die Symptome des Patienten behandelt. Aus diesem Grund ist eine Impfung gegen FSME die wirksamste präventive Maßnahme. In Deutschland stehen 2 verträgliche Impfstoffe zur Verfügung, die bereits nach 3 Spritzen einen sicheren Schutz bieten. Nach 3-5 Jahren sollte die Immunisierung aufgefrischt werden.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt diese Impfung bei:
• Personen, die in Risikogebieten wohnen
• Personen, die sich aus anderen Gründen in einem Risikogebiet aufhalten
Bei Jägern liegt beinahe immer eine dieser Voraussetzungen vor. Ich rate deshalb allen Grünröcken, die sich in einem Risikogebiet aufhalten, dringend zu dieser Schutzimpfung.
